Die Meisterschaftsrunde 2019/2020 ist abgeschlossen, die neue Saison steht bereits vor der Türe. Doch wie geht es weiter, ist ein Amateurspielbetrieb in Hessen möglich? Nach den Beschlüssen des außerordentlichen Verbandstages beantwortet HFV-Präsident Stefan Reuß wichtige Zukunftsfragen.
Hallo Herr Reuß, der erste virtuelle Verbandstag in der Geschichte des Hessischen Fußball-Verbandes liegt hinter uns. Wie zufrieden sind Sie mit der Abwicklung der Veranstaltung und dem gesamten Vorgehen des HFV in der Entwicklung dorthin?
Stefan Reuß: Wir sind sehr zufrieden mit der Durchführung des außerordentlichen Verbandstages, was die technischen Gegebenheiten anbelangt und mit den Entscheidungen, die getroffen wurden. Unseren Verbandsempfehlungen des Verbandsvorstandes ist durch die Delegierten mit rund 60 Prozent gefolgt worden. Unser Handeln auf dem Weg dorthin war von dem Motto ‚Genauigkeit geht vor Schnelligkeit‘ geprägt. Unsere Handlungen waren wohl überlegt, von unterschiedlichen Seiten beleuchtet und rechtlich abgesichert. Gerne wären wir einen ursprünglich angedachten gemeinsamen Weg aller Landesverbände gegangen. Nachdem dies nicht mehr möglich war, haben wir unsere Vorgehensweise gewählt, die wir auch im Nachhinein als demokratischste und sinnvollste Lösung sehen.
Wie geht es nun weiter mit dem Spielbetrieb?
Stefan Reuß: Zunächst möchten wir unseren Pokalwettbewerb zu Ende führen. Im Bitburger Hessenpokal steht noch ein Halbfinale sowie das Finale aus. Die Spiele werden im August ausgetragen mit dem Höhepunkt des Endspiels im Rahmen des Finaltags der Amateure, der am 22. August ausgespielt wird. Die aktuellen Abstimmungen werden stets im Einklang mit den behördlichen Verordnungen und in Absprache mit den jeweils zuständigen Gesundheitsämtern getroffen. Die teilnehmenden Regionalligisten unterliegen hierbei nicht den Beschränkungen des Amateurfußballs. In welchem Umfang dabei Zuschauer zugelassen werden, ist jedoch aktuell noch unklar.
Was muss aus ihrer Sicht jetzt politisch entschieden werden?
Stefan Reuß: Die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs werden zunehmend besser. Seit 6. Juli ist der Besuch von Sportveranstaltungen und -wettkämpfen unter Einhaltung der 1,5 Meter-Abstandsregel sowie eines Hygienekonzeptes wieder möglich. Auch Vereins- und Versammlungsräume können wieder genutzt werden. Und in den Umkleidekabinen wurden die Vorgaben ebenfalls gelockert, hier gelten ebenfalls nur noch die allgemeinen Abstandsvorgaben von 1,5 Metern.
Doch ein großes Problem ist nach wie vor, dass wir nicht richtig einsteigen können, da es in Hessen noch die Beschränkung auf zehn Personen gibt, d.h. eine Gruppe nicht mehr als zehn Spieler groß sein darf. Damit können wir weder richtig trainieren, geschweige denn ein Spiel durchführen.
Ist das in anderen Bundesländern anders geregelt?
Stefan Reuß: „Ja, ist es. Beispielsweise in Niedersachsen, Thüringen und Westfalen können schon längst wieder Trainings- und Freundschaftsspiele durchgeführt werden. Gerade in den angrenzenden Fußballkreisen wird davon auch rege Gebrauch gemacht. Hessische Mannschaften spielen also längst wieder, aber eben außerhalb Hessens.
Das ist für uns als Verband kaum mehr erklärbar. Wir brauchen keinen Flickenteppich, sondern eine einheitliche Regelung in Deutschland. Wir haben immer gesagt, dass die Wiederaufnahme des Spielbetriebs vom weiteren Infektionsgeschehen und damit zusammenhängenden behördlichen Vorgaben abhängig ist. Jetzt muss die Politik Handeln und den Flickenteppich beenden. Ich habe mich daher an die hessischen Minister Peter Beuth und Kai Klose gewandt.
Es geht aber dabei nicht nur um Worte, sondern unser Ansinnen ist auch mit wissenschaftlichen Fakten unterlegt, die besagen, dass die zeitliche Dauer eines unter dem Gesichtspunkt einer Infektionsgefahr relevanten köpernahen Kontaktes während eines 90-minütigen Fußballspiels auf weniger als eine Minute begrenzt ist. Hinzu kommt, dass beim Fußball als Freiluftsportart eine Übertragung über Aerosole nahezu ausgeschlossen werden kann. Damit hat dieser Übertragungsweg, der gerade bei Ausbruchsereignissen mit vielen Infektionsfällen ursächlich war und ist, beim Fußball keine Relevanz, was eine erhebliche Reduktion des Weiterverbreitungsrisikos bedeutet.
Also war der Lockdown im Fußball unnötig?
Stefan Reuß: Nein, das sehe ich nicht so. Zu diesem Zeitpunkt mussten wir alles tun, um ein unkontrolliertes Infektionsgeschehen zu verhindern. Dafür waren diese restriktiven Maßnahmen sinnvoll und natürlich ist es auch weiterhin wichtig, gegebene Regeln zu unserem eigenen Schutz und dem unserer Mitmenschen einzuhalten, um die Infektionszahlen niedrig zu halten und unbedingt eine zweite Welle zu verhindern.
Wie ist der weitere Plan für Hessen?
Stefan Reuß: Unser Wunsch ist es, den ersten Spieltag der neuen Meisterschaftsrunde 2020/2021 an dem Wochenende des 5. und 6. September auszutragen. Wenn es die Vorgaben zulassen, ist an dem vorherigen Wochenende Ende August eine Pokalrunde denkbar. Außerdem sollte vorher noch ausreichend Zeit für eine gute Vorbereitung sein.
Wie wahrscheinlich ist dieser Termin?
Stefan Reuß: Wenn wir uns alle an die Hygiene- und Abstandsregeln halten, wenn wir umsichtig und sind und die gebotene Vorsicht walten lassen, kann das alles gelingen. Wir unterstützen ausdrücklich die Corona-Warn-App und werben darum, dass möglichst viele Fußballerinnen und Fußballer diese installieren.
Wir appellieren auch an die Vernunft und warnen vor allzu viel Freizügigkeit und Überschwänglichkeit. Manche Bilder aus Urlaubsgebieten sollten uns eine eindringliche Warnung sein.
Was bedeutet das aktuelle Geschehen für den geplanten Verbandstag Ende November?
Stefan Reuß: Wir hoffen natürlich, diesen Verbandstag am 28. November 2020 durchführen zu können. Für eine Veranstaltung in dieser Größenordnung ist nach jetzigem Stand eine Sondergenehmigung notwendig. Außerdem müssen die bisher noch nicht abgehaltenen Kreisfußballtage im Vorfeld stattfinden. Aber mit den in den letzten Monaten gesammelten Erfahrungen, einhergehend mit der Beruhigung des Infektionsgeschehens, bin ich guten Mutes, dass es funktioniert.
Quelle: HFV